Die Geschichte Kambodschas ist ereignisreich und komplex, geprägt von mächtigen Herrschaftsbereichen, Kolonialismus, Kriegen und einer Phase des Wiederaufbaus. Hier ist ein umfassender Überblick:
Frühe Geschichte
Kambodscha war seit prähistorischen Zeiten bewohnt. Archäologische Funde belegen, dass Menschen bereits in der Jungsteinzeit dort lebten. Im ersten Jahrtausend n. Chr. entwickelten sich erste organisierte Herrschaftsbereiche, die stark von Indien beeinflusst wurden, sowohl in kultureller als auch religiöser Hinsicht (hinduistische und buddhistische Prägung).
Das Khmer-Reich (802–1431)
Das Khmer-Reich, auch als Angkor-Reich bekannt, war die glanzvollste Ära der kambodschanischen Geschichte. Unter König Jayavarman II. (802–850) wurde das Reich geeint und Angkor zur Hauptstadt erklärt. Die Khmer schufen ein riesiges Reich, das weite Teile des heutigen Kambodscha, Laos, Thailand und Vietnam umfasste.
Angkor war das Zentrum des Reichs und ist bis heute für seine monumentalen Tempelanlagen bekannt, insbesondere Angkor Wat. Angkor Wat, ein riesiger Hindu-Tempel, der später in ein buddhistisches Heiligtum umgewandelt wurde, ist eines der größten religiösen Bauwerke der Welt und ein Symbol für die kulturelle Blütezeit des Khmer-Reichs.
In den folgenden Jahrhunderten wechselten die Khmer-Herrscher zwischen Hinduismus und Buddhismus, wobei der Buddhismus schließlich die vorherrschende Religion wurde. Das Reich erreichte seinen Höhepunkt unter Jayavarman VII. (1181–1218), welcher große Tempel errichten ließ, wie den Bayon und Angkor Thom.
Der Niedergang des Khmer-Reichs (1431)
Das Khmer-Reich begann im 13. Jahrhundert zu zerfallen, was auf interne Konflikte, Naturkatastrophen und Angriffe benachbarter Völker, insbesondere der Siamesen (aus dem heutigen Thailand), zurückzuführen war. 1431 eroberten die Siamesen Angkor, was zum endgültigen Niedergang des Reichs führte. Die Khmer verließen Angkor, und die Hauptstadt wurde nach Phnom Penh verlegt.
Dunkle Periode und Fremdherrschaft (1431–1863)
Nach dem Fall Angkors erlebte Kambodscha mehrere Jahrhunderte der Instabilität. Es wurde wiederholt von seinen Nachbarn Siam (Thailand) und Vietnam bedrängt, die Teile des Landes besetzten. Kambodscha geriet in eine Abhängigkeit von diesen Mächten und kämpfte ums Überleben.
Französische Kolonialzeit (1863–1953)
Um sich vor der zunehmenden Bedrohung durch Thailand und Vietnam zu schützen, trat König Norodom I. Kambodscha 1863 unter den Schutz Frankreichs. Kambodscha wurde Teil Französisch-Indochinas, zu dem auch Vietnam und Laos gehörten. Obwohl Kambodscha seine Monarchie behielt, war es im Wesentlichen eine Kolonie, und die Franzosen kontrollierten die Verwaltung.
Unter französischer Herrschaft wurde die Infrastruktur Kambodschas verbessert, aber das Land blieb überwiegend agrarisch und arm. Der kambodschanische Nationalismus begann während dieser Zeit zu wachsen, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Idee der Unabhängigkeit an Bedeutung gewann.
Unabhängigkeit und Königreich Kambodscha (1953–1970)
Am 9. November 1953 erlangte Kambodscha unter König Norodom Sihanouk seine Unabhängigkeit von Frankreich. Sihanouk spielte eine zentrale Rolle in der kambodschanischen Politik und regierte als König und später als Premierminister. Er versuchte, Kambodscha aus den Spannungen des Kalten Krieges herauszuhalten, während Vietnam, sein östlicher Nachbar, in den Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion verwickelt war.
Die Khmer-Republik und Bürgerkrieg (1970–1975)
1970 wurde Sihanouk durch einen Militärputsch unter General Lon Nol abgesetzt, und Kambodscha wurde zur Khmer-Republik erklärt. Dies führte zu einem Bürgerkrieg zwischen den Truppen Lon Nols und den kommunistischen Roten Khmer, die von Pol Pot geführt wurden. Die Roten Khmer erhielten Unterstützung aus Nordvietnam und China.
Herrschaft der Roten Khmer und Genozid (1975–1979)
1975 eroberten die Roten Khmer Phnom Penh und übernahmen die Macht. Pol Pot führte eine brutale, extremistische Version des Maoismus ein, die Kambodscha radikal verändern sollte. Die Roten Khmer erklärten das Jahr 1975 zum „Jahr Null“ und begannen, die Gesellschaft zu zerstören, indem sie Städte evakuierten, Geld abschafften und die Bevölkerung zu harter Feldarbeit zwangen. Ziel war die Errichtung einer klassenlosen, agrarischen Gesellschaft.
Dieser radikale Wandel führte zu einem der schlimmsten Völkermorde des 20. Jahrhunderts: Über zwei Millionen Menschen starben an Hunger, Zwangsarbeit, Krankheiten oder wurden in den sogenannten „Killing Fields“ ermordet. Intellektuelle, Lehrer, Mönche und Stadtbewohner wurden gezielt verfolgt.
Vietnamesische Invasion und Volksrepublik Kambodscha (1979–1991)
1979 wurde das Regime der Roten Khmer durch eine vietnamesische Invasion gestürzt. Die Vietnamesen installierten ein Marionettenregime, die Volksrepublik Kambodscha, unter Heng Samrin, einem ehemaligen Roten Khmer-Kommandeur. Die Roten Khmer zogen sich in die Berge zurück und führten einen Guerillakrieg gegen die neue Regierung, unterstützt von China und dem Westen, die Vietnam feindlich gegenüberstanden.
Pariser Friedensabkommen und Wahlen (1991–1993)
1991 unterzeichneten alle beteiligten Parteien, einschließlich der Roten Khmer, das Pariser Friedensabkommen. Die Vereinten Nationen (UN) entsandten eine Friedenstruppe, um den Friedensprozess zu überwachen und freie Wahlen durchzuführen. Bei den Wahlen 1993 kehrte König Norodom Sihanouk auf den Thron zurück, und Kambodscha wurde eine konstitutionelle Monarchie.
Moderne Zeit (1993–heute)
Seit den 1990er Jahren hat Kambodscha mit politischer Instabilität und dem Wiederaufbau der Wirtschaft zu kämpfen. Die Roten Khmer blieben bis in die späten 1990er Jahre ein Problem, bis ihre letzten Führer gefangen genommen oder gestorben waren.
Kambodscha wird heute von Premierminister Hun Sen regiert, der seit den 1980er Jahren eine dominante Figur in der Politik des Landes ist. Seine Regierung steht unter internationaler Kritik wegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen, aber das Land hat in den letzten Jahrzehnten wirtschaftliches Wachstum und Stabilität erlebt. Tourismus, insbesondere zu den Tempeln von Angkor, und Textilproduktion sind wichtige Sektoren der kambodschanischen Wirtschaft.
Fazit
Kambodscha hat eine lange und wechselhafte Geschichte, die von großem Ruhm während des Khmer-Reichs bis hin zu schrecklichen Tragödien wie dem Völkermord der Roten Khmer reicht. Heute erholt sich das Land langsam, aber seine Vergangenheit hat tiefe Spuren hinterlassen, die die kambodschanische Gesellschaft bis heute prägen.